
Es gibt 1000 Gründe, die Fanø so liebenswert und einzigartig machen. „Sylts wilde Schwester“, wie sie mal in einem Bericht betitelt wurde, macht ihrem Namen alle Ehre. Wir haben in all den Jahren viele wunderschöne und sehr oft auch witzige Situationen dort erlebt, und ich feue mich, euch nach und nach darüber berichten zu dürfen…
Unsere Reise zum Pælebjerg, oder: Hänsel & Gretel verliefen sich im Wald…
Ich war 1994 als Teenagerin das erste Mal auf der Insel, und weil ich aus dem Schwärmen nicht mehr herauskam, schenkte mein lieber Mann Ralf uns 2010 eine gemeinsame Reise dorthin. Ich wollte ihm auf dieser Insel alles zeigen und so kam es, dass wir mit den Rädern schließlich einen Parkplatz im Wald erreichten. Wer sich auf Fanø ein wenig auskennt, wird ahnen, wo ich ihn hinführen wollte, denn unweit dieses Waldparkplatzes geht es zu einem Berg. Besser gesagt zum Pælebjerg, der höchsten Erhebung der Insel Fanø.
Ich tat ganz erfahren ….. lotste Ralf einmal links herum, dann rechts herum, dann wieder links und scheinbar im Kreis, denn so schön die Natur um uns herum auch war – wir fanden den Pælebjerg einfach nicht! Ich muss dazu sagen, dass ich eine komplette Niete bin, was den Orientierungssinn betrifft. Als ich in Nürnberg das erste Mal mit der U-Bahn fuhr und nach zwei Stationen merkte, dass ich falsch bin, fand ich es nur folgerichtig, in die nächste U-Bahn auf dem Gleis gegenüber zu steigen, um mich zurückfahren zu lassen. Blöde Idee, ganz blöd… Ich fuhr dreimal hin und her, um zu kapieren, wo der Fehler lag.
Zurück zum Pælebjerg …
Der Wald war grün, die Heide lila und wir komplett planlos. Wir suchten nach einer Erhebung und sahen den Wald sprichwörtlich vor lauter Bäumen nicht. Irgendwann, so nach etwa einer Stunde, stand ich an einem der schönen kleinen Teiche, die so aussahen, als wären sie ein Moor. Ralf filmte mich mit der Kamera, wie ich in dieselbige schimpfte. Mit meinen roten Haaren und blaugrünen Augen habe die ganze Szene gerade ein bisschen was von „Blair Witch Projekt“, witzelte Ralf. Man, war ich sauer, es konnte doch nicht sein, dass wir diesen „Berg“ nicht fanden!
Es half nix – es wurde dunkel und so machten wir uns wieder auf den Weg zum Parkplatz.
„Ralf, warte mal!“, sagte ich plötzlich hektisch und klopfte mir an meine Jacke und Hose. „Ich hab den Hausschlüssel irgendwo auf dem Weg verloren!“
„Wirklich?“, fragte er und klopfte sich selbst an Jacke und Hose.
„Ralf … im Ernst … sind wir jetzt Siegfried & Roy oder was? Wie soll denn der Schlüssel, den ICH vorhin in meine Tasche gesteckt habe, jetzt in deiner sein?“
„Na gut, dann geh ich nochmal“, antwortete er und machte sich schon wieder auf den Weg, um den Schlüssel zu suchen. Ich ließ ihn ein paar Meter gehen, bevor ich den Schlüssel aus meiner Tasche zog und „April, April“ rief. Das war meine Retourkutsche für die Hexe aus dem „Blair Witch Projekt“.
Zwei Jahre später stellten wir fest, dass es nun am Strand ein Schild gibt, das darauf hinweist, dass der Pælebjerg sich dort in der Nähe befindet. Natürlich folgten wir dem Schild. Ich glaube, Ralf ist alles lieber als mich mit einer ausfaltbaren Karte zur Orientierung in der Hand. Der Weg dorthin ist vom Strand aus auch um einiges schöner, wie ich finde. Man entdeckt die Natur in all ihren Schönheiten. Schmetterlinge, Libellen und sogar einen Fuchs. Dieser saß unter einem Baum und beobachtete uns. Mir kam das Bild aus dem Buch „die Häschenschule“ in den Sinn, in dem der Fuchs aus dem Gebüsch heraus die Hasenkinder ansieht. Die einzige Gefahr war jedoch, dass Ralf mich dem Füchslein verwechselt. Denn der Fuchs und ich, wir haben nun mal die gleiche Farbe im Fell beziehungsweise in den Haaren und auch ich hocke gerne mal in der Natur. Nein, nicht um etwas zu tun, das man besser zu Hause tut. Ich hocke oft, weil ich ein kleines Getier sehe, welches mich fasziniert.
Weiter den Weg entlang kamen wir an einem kleinen Teich vorbei. Hunderte von Seerosen tanzten darin und gaben den Fischen im Teich ein wenig Schatten. Sonnenschirme für Fische. Ein dort fest installierter Tisch und Bänke sollen die vielen Spaziergänger*innen zum Verweilen einladen. Irgendwer hatte ein paar Zweige Lavendel in eine Glasvase getan und dort auf den Tisch gestellt. Wann immer ich solche kleinen Dinge sehe, hüpft mein Herz vor Freude. Auf Fanø passiert das öfter, weil dort alles im Einklang scheint.
Bis zum Pælebjerg war es nun nicht mehr weit. Seit dem Schild am Strand sind wir in etwa 20 Minuten unterwegs gewesen. Dann kamen die Stufen. Nicht viele, aber immerhin ein paar. Ich finde da nie den richtigen Vergleich. Schließlich komme ich gebürtig aus Kassel und habe das Wahrzeichen der Stadt, den Herkules mit seinen über 500 Stufen schon mehrere Male erklommen. Dazu wohne ich in einem Altbau von 1910 im dritten Stock ohne Fahrstuhl. Kurzum, es sind etwa 20 Stufen bis zum Berg mit dem lustigen Namen. Auf der Mitte der Treppe noch schnell ein obligatorisches Foto mit einem total verrückt gewachsenen Baum und dann noch schnell die letzten Stufen hoch zum höchsten Berg (21m) der Insel Fanø.
Dort oben schnaufte ich mich erst einmal aus. Wie gut, dass ich die Orientierungskarte (die wir nicht brauchten) dennoch dabei hatte, denn mit ihr fächelte ich mir nun erst einmal genug Luft zu. Ausgepumpt vom Aufstieg zu einem 21 Meter Berg. Ich sollte tatsächlich mehr für meine Fitness tun.
Hier galt es aber erst eimal, die wunderschöne Aussicht zu bestaunen. Vor uns viele Dünen, dahinter in unserer Sichtweite die brausende Nordsee. Hinter uns, der Wald in dem Stephel & Rälfel sich wie zwei Figuren aus dem Märchenbuch der Gebrüder Grimm, vor zwei Jahren verlaufen hatten. Und ich sag noch zu Ralf: „Wir müssen immer was zu Essen dabei haben! Und sei es nur, um mit verstreuten Brotkrumen zurück zum Auto finden zu können.“ Aber auf mich hört ja keiner.
Wir bestaunten den Ausblick, als wir plötzlich merkwürdige Geräusche hörten. Ein Quietschen und Pfeifen. Immer wieder. Quieken, pfeifen, quieken, pfeifen. Wie eine Luftpumpe. Sofort sprang meine Phantasie darauf an. „Oh Ralf, wahrscheinlich entdecken wir gleich eine völlig neue Art aus der Tierwelt. Dann kommen wir ins Fernsehen und werden jedes Jahr kostenlos nach Fanø eingeladen. Das neue Tier, welches wir entdeckt haben würde unsere Namen tragen, ich denke da an…“
„Da ist deine neue, angebliche Tierart!“ unterbrach mich mein Mann und zeigte zur Treppe. Seinem Blick folgend sah ich zwei Urlauber die Stufen erklimmen. Die Gesichter rot und eine Hand stets am Geländer schnauften sie sich die Teppe hoch, um sich, wie wir kurz zuvor, erst einmal auszuhecheln, bevor sie das Schöne sehen konnten, den tollen Rundblick über die schöne Insel.
Fazit:
Ich finde, jede(r) braucht einen Ralf. Einen Partner oder Partnerin, die nicht hektisch wird, wenn man selbst ausflippen könnte (Rumpelstilzchen lässt grüßen) und mit der/dem man auch dann noch Spaß haben kann, wenn man denkt, die eigene Stimmung sei einem gerade verhagelt worden.
Einer, der einen Plan hat, wenn einem derselbige fehlt. Der mit einem lacht und mit dem man „rumspinnen“ kann. Einen, der nicht böse wird, wenn man den Weg nicht findet, einen, der den neuen Weg auch ganz spannend findet.
Habt eine schöne Zeit, ob mit oder ohne Plan.
Steph
Was für eine schöne Geschichte du doch wieder geschieben hast! Bin gedanklich jeden Meter mitgewandert! Ich liebe den schnuckeligen Weg von der Strandseite und der Pæleberg ist ein „Muss“ in jedem Urlaub – auch wenn er lt.Karte 21m misst, kann ich deine 50m quasi mitfühlen 😉 .
Hab Dank für diesen wunderbaren „Reisebericht“!
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