Wie ich auf Fanø mal einen Korb bekam

Von schnarrenden Discoscheiben, Biergläsern mit Loch, der Affenfaust und besagtem Korb

Die wunderbaren Ideen Fanøs begeistern mich immer wieder und so kam es, dass mir im letzten Jahr mal wieder etwas Komisches dort passierte…

Ich bin ein so dermaßen begeisterungsfähiger Mensch, dass Ralf schon aufstöhnt, sobald im Fernsehen (bevorzugt im Kinderfernsehen) die Werbung läuft. Unsere Gefriertruhe ist voll mit komischen Eissorten, die ich mal in der Reklame sah und die besser aussahen als sie schmeckten. Aber nicht nur Eis… Ein Donut als Schwimmring? Gekauft! Bananeneis zum Schälen? Gekauft! Eine Gitarre als Eierschneider? Gekauft! Und so geht es immer weiter…

Als ich 1994 als Teenager mit meiner Freundin und deren Eltern das erste mal auf Fanø war, kam ich aus dem Staunen nicht mehr raus. Vor allem die Natur hatte es mir sofort angetan, aber eben nicht nur das. Ich weiß noch, dass wir nach dem Koffer auspacken abends in ein Restaurant gingen, um endlich etwas zu essen. Auf einem Zwischenstopp zur Insel hatten wir zwar mal angehalten, um mitgenommene Brote zu essen, allerdings hatte die Hündin der Familie die Fahrt über darauf gelegen, und auf lauwarme Käsestullen hatten wir alle keinen Appetit. Da saßen wir also in diesem Restaurant, welches einem amerikanischen Diner nach empfunden war und schauten alle in die ausliegende Speisekarte. Alle? Nein, ich nicht. Denn ich hatte etwas Seltsames entdeckt: An einem der Tische saßen ein Mann und eine Frau. Natürlich war das nichts Außergewöhnliches, sowas gab es in Deutschland schließlich auch. 😉 Aber statt sich verliebt anzuhimmeln, starrten beide wie hypnotisierte Kaninchen auf eine kleine runde Scheibe, die vor ihnen auf dem Tisch lag. Was hatte es damit nur auf sich? Der Vater meiner Freundin fragte mich, ob ich eine Roulade zu den Pommes wollte. „Wie bitte, was? Ach ja gerne“, sagte ich und beobachtete weiterhin das Paar. Dann passierte etwas Merkwürdiges. Die Scheibe auf dem Tisch begann blau zu funkeln und gab dabei ein schnarrendes Geräusch von sich.

Schnnarrrrrr…Schnarrrrr…. Schnarrrr….Schnarrrr….. Sofort sprang der Mann, wie vom wilden Affen gebissen von seinem Stuhl auf und ging zum Tresen des Geschäftes, wo ihm zwei Teller mit Essen zur Abholung hingestellt wurden. Ich war hin und weg von dieser tollen Discoscheibe und der Idee dahinter. Als dann unsere Scheibe dröhnte, wir das Essen abholten und zu unserem Platz an einem der Tische trugen, war ich immer noch im Discoscheibenflash, so toll fand ich es. Unter einem großen Stapel leckerer Pommes versuchte ich die Roulade zu finden und kam dann selbst darauf, dass ich – völlig abgelenkt- wohl Remoulade mit Roulade verwechselt hatte. Erst später erfuhr ich, dass Remoulade zur dänischen Pommes gereicht wird wie bei uns Mayonnaise.

Seit 2010 fahre ich nun selbst regelmäßig mit Ralf auf die Insel, in die er genauso wie ich vom ersten betreten total „verschossen“ war. ❤ Die Natur ist einzigartig und man kann am Strand bei Ebbe und Flut sehen wie immer wieder alles neu wird. Mit jedem schwipp und schwapp der Wellen sieht der Strand anders aus als Stunden zuvor. Die wunderbare Natur, die schönen Häuser, der Bernstein der leuchtend angeschwemmt wird, die freundlichen Bewohner*innen und deren Entspanntheit von der wir angesteckt werden, gehört zu den Sachen die wir lieben. Aber eben nicht nur das, denn immer wieder entdecke ich auch von Menschenhand gemachte Dinge die ich super finde.

Denn noch immer gibt es Kleinigkeiten, die ich zuvor noch nie sah und die mich völlig verzücken. Die kostenlose Luftpumpstation am Supermarkt zum Beispiel. Jedes Jahr wenn wir dort sind, schiebe ich mein mitgebrachtes Rad dorthin um die Reifen aufzupumpen. Die sind, dank Ralf, sowieso immer prall gefüllt, aber es gefällt mir, diesen Dienst kostenlos haben zu dürfen. Und erst die kleinen Hundehäuschen! Mehrere kleine Kabinen stehen dort vor dem Markt damit man dort seinen Hund oder die Hündin kurz unterstellen kann um seine Einkäufe zu tätigen. Wie auf einem Damenklo ohne Tür und Dach warten dort die Fellnasen angeleint bis Frauchen oder Herrchen oder Kindchen ihn/sie wieder abholen. Wenn an in dem kleinen Sparmarkt sein Leergut wegbringt, muss man sich nie Sorgen um klebrige Hände machen, denn extra neben dem Automaten in den man seine Flaschen legt, hängt ein Spender mit Desinfektionsmitteln, den ich in Deutschland oft vermisse.

Durch unsere beständige Inselliebe haben wir sehr viele Menschen kennengelernt, die ebenso wie wir vom Fanøvirus infiziert sind. Manche sind wie wir jedes Jahr zur selben Zeit auf der Insel und auch die, die es nicht sind, kennen wir durch eine gemeinsame Fangruppe, die sich irgendwann organisierte. Lirum larum Besenstiel… Im letzten Jahr urlaubten wir wieder auf der Insel und wurden an einem Tag von Dara auf den Campingplatz, auf dem sie ihre Ferien verbringt, eingeladen. Unter einem schattigen Plätzchen eines hochgewachsenen Baumes saßen wir an ihrem Tisch im Garten und hörten den singenden Vögeln zu.

Da erzählte sie mir von einer Neuheit, die sie bei der – im Sommer wöchentlichen stattfindenden- Late Night gesehen hatte. Biergläser die unten ein Loch hatten! „Hahaha, meine Biergläser haben auch immer in Loch, so schnell wie das Bier daraus weg ist“ lachte ich laut und wußte nicht, worauf sie hinaus wollte. Dann erzählte sie weiter… Ralf und ich rückten mit unseren Stühlen näher an sie heran und lauschten, als säßen wir zu dritt gemeinsam an einem Lagerfeuer und würden Gespenstergeschichten lauschen. Die Dunkelheit im Rücken, den Funkenflug vor uns….

Dara erzählte uns die Sache mit dem Bierglas bestens. Mein Hirn versuchte sich das alles zurecht zu basteln und arbeitete auf Hochtouren. Es gab ein Glas, welches unten im Boden ein Loch hatte. Das Loch hatte einen Metallring außenherum und auf dem Loch lag ein runder Magnet. Das Glas wurde dann auf einen Zapfhahn gestellt und dieser würde Bier von unten in das Glas schießen lassen. „Häää und was ist mit dem Loch im Glas? Da fliesst doch unte wieder alles raus!“ empörte ich mich dieser Verschwendung. „Aber nein, das Loch im Glas hat doch den Magneten als Deckel und dieser schließt sich, sobald der Zapfhahn aufhört zu zapfen“. Keine Frage, dass musste ausprobiert werden. Und bei meinem logischen Verständnis wahrscheinlich lieber ein paar mal nacheinander.

Tage später fand erneut eine Late-Night Veranstaltung statt. Dieses mal aber nicht in Nordby/Fanø, sondern direkt in Fanø Bad/Fanø.

In Nordby gab es bei diesem wöchentlichen Fest im Sommer überall etwas zu sehen. Die ganze Fußgängerzone verwandelt(e) sich in einen Markt der hundert Möglichkeiten. Slagter (Schlachter) Christiansen verkaufte Rippchen und Steaks vom Grill, beim Austernkönig Jesper konnte man Austern schlürfen, das Museum bot an „Affenfäuste“ herzustellen und viele Einheimische öffneten ihre Türen um Flohmarktartikel zu verkaufen. Auch kleine Kinder saßen geschäftig mit ihren kleinen Stühlchen vor ihren Ständen und boten ausgekuschelte Stofftiere, Bilderbücher oder Limonade an. Es gab Live Musik von einer Band und der ein oder andere wagte auf der Straße, trunken vor Glück ein kleines Tänzchen.

In Fanø Bad stieg dann im letzten Jahr zum ersten mal auch eine Late Night und Ralf und ich hatten keine Ahnung, wie das dort von statten gehen sollte. Schließlich gab es in Fanø Bad nun mal keine Fußgängerzone und auch kleine Gassen suchte man dort vergeblich. Und genau hier kommen wir mal wieder zu meiner totalen Verpeiltheit…..

Mit den Fahrrädern (alle Reifen dank Airstation bestens aufgepumpt) fuhren wir die lange Straße nach Fanø Bad bis zu deren Ende hin. Die Straße hört dort nicht einfach im nirgendwo auf. Wenn man sie weiterführe, würde man allerdings direkt an den Strand fahren, was auf Fanø erlaubt ist. Wir wollten aber ausnahmsweise nicht zum Strand, sondern zur Late Night, weswegen wir unsere Räder vor dem schönen Café „Løven & Nymfen“ parkten. Dort saßen bereits viele Gäste. Zu Fuß gingen wir dann die 30 Schritte zu Nyform, einem Geschäft für Sportartikel, denn rund um diesen Laden waren viele Stände aufgebaut. Hier war wohl der Hotspot der Late Night. Es gab köstliches vom Grill, tolle Salate und Getränke. Wir sahen Jesper, den Austernkönig leckeres Bernsteinbier zapfen und ausschenken, denn damals bot er nicht nur unglaubliche Austernsafaris für Tourist*innen an, sondern war auch im Fanø Bryghus (dem letzten Brauhaus vor England) beschäftigt. Obwohl er uns nur aus der Fanø Fangruppe auf Facebook kannte, sprach er uns sofort mit unseren Vornamen an. Welch Freude.

Aber wo genau war hier nun die Late Night? War das nun alles hier um das Gebäude des Nyforms herum? Da sah ich eine große Warteschlange direkt vor dem Nyform Laden und weil mein Gehirn im völlig entspannten Dänemarkurlaub meist nur noch auf Stand by Funktion geschaltet ist, dachte ich, wir müssten uns dort in der Schlange anstellen. Viele unserer Fanøfreunde sahen wir dort ebenfalls eingereiht. Warum alle dort anstanden? Hätte ich dem Ralf mal zugehört, statt neugierig alles andere aufzunehmen, hätte ich es gewusst. So aber reimte ich mir alles selbst zusammen. Vor dem Nyform standen nämlich sehr schöne geflochtene Picknickkörbe.

Weil ich mit meiner Matheschwäche den aktuellen Umrechnungskurs eh nie auf die Reihe kriege, wusste ich nicht, dass diese Körbe an diesem Tag „spottbillig“ also „im Angebot“ waren. Und jetzt kommt es, ACHTUNG. Ich war der Meinung, man müsse einen solchen Korb kaufen, da dieser quasi als Eintrittskarte für die Late-Night galt. Vermutlich wäre dieser mit einer Flasche Wein, zwei Gläsern, Hotdogs, Remoulade und einer Decke gefüllt und man könne sich damit dann in die nahe gelegenen Dünen „verziehen“. Ja, das war es bestimmt! In meinen Gedanken lobte ich die Dänen für ihre, (wieder mal) tollen Ideen. Als dann eine Mitarbeiterin heraus aus dem Laden kam und sagte, dass es momentan keine Körbe mehr gäbe, rief ich lauter als gewollt „Oh NEIN!“.

„Ist doch nicht so schlimm, vielleicht haben sie die nächsten Tage neue Körbe“ beruhigte mich Ralf, worauf ich ihn anschaute, als hätte er mir gerade gesagt, dass wir nie wieder nach Dänemark reisen würden. „Ich will aber auch zur Late Night!“ motzte ich und da klärte sich mein Missverständnis erst auf. Die Körbe waren schön – an diesem Tag besonders günstig zu erwerben. Man konnte sie kaufen oder eben nicht. Sie galten nicht als Eintrittsticket für die Veranstaltung. Unsere vielen Fanøbekanntschaften und Freunde standen dort „nur“ an, weil sie wie Ralf auch diesen Korb kaufen wollten. Nichts anderes. Puh, danach war ich so erleichtert, dass ich mir von Jesper gleich zwei Gläser Bernsteinbier zapfen lies. Meine Erleichterung kannte keine Grenzen. Nur so ist es zu erklären, dass ich mit Ralf und besagten Freunden später am Abend noch „Bieryoga“ erfand. Es gibt verwackelte Aufnahmen auf denen ich entweder tanzend, mit einem vollem Glas in der Hand oder meinem Korb knutschend zu sehen bin. Heidewitzka war das ein Abend.

Den innovativen Dänen traue ich viel Schönes zu, deswegen kam es da wohl zu diesem lustigen Mißverständnis, ohne das ich euch nicht diese neue Geschichte berichten könnte. Habt alle viel Spaß, nehmt die Dinge nicht immer so ernst und habt eine schöne Zeit.

Herzlichst

Steph ❤

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