Blubbernde Blasen

Von braunen Dingen im Wasser, einer kleinen Hysterie in der Duschkabine, massierenden Düsen, verdrehten Regenwürmern und sehr warmen Wasser. Unser Besuch im Thermalbad.

Wahnsinnige Rückenschmerzen machten mir den Alltag madig. Da kam der Vorschlag meines Mannes Ralf, in das wenige Kilometer entfernte Thermalbad zu fahren gerade richtig. Also packten wir schnell eine Tasche, stiegen ins Auto und fuhren los. Im Parkhaus fanden wir sofort einen Parkplatz und als wir das Bad betraten, sagte uns die nette Mitarbeiterin, dass wir an diesem Tag drei Stunden für zwei Stunden bekämen. Was war das nur alles für ein Glück?

Zu zweit zwängten wir uns in eine Umkleidekabine und tauschten Alltagskleidung gegen Badesachen. Einen Ellenbogenstoß in die Rippengegend und einen „Aua, du stehst auf meinem Fuß!“-Ausruf später standen wir an einem Schrank um unsere Sachen einzuschließen. Das war gar nicht so einfach, denn eine 1 Euro Münze wollte der Schrank nicht annehmen. Und wo war überhaupt der Einsteckschlitz? Nirgendwo eine Erklärung für zwei unerfahrene Besucher. Nun war mir klar, warum man uns so großzügig drei für zwei Stunden geschenkt hatte. Eine Stunde ging ja schon dafür drauf, herauszufinden, wie man seinen Schrank abschließen kann. Wie Horst & Hilde vom Campingplatz Wanne-Eickel standen wir im Schwimmoutfit und Badelatschen gebückt vor dem Schrank und rätselten.

Dann kam Ralf eine Idee. Er kramte in seinen Sachen und beförderte einen gelben und einen blauen Chip hervor. „Den gelben Chip haben wir im Parkhaus bekommen, also muss es der blaue sein“, murmelte er und steckte das blaue runde Teil in alle Schlitze des Schlosses, bis es dann endlich hängenblieb. Aufatmen.

An den Duschtüren für Männlein/Weiblein trennten wir uns kurz um uns drei Minuten später in der Halle des Bades wiederzusehen. „Wir müssen raus!“ sagte ich zu Ralf, was dieser mit einem „Aber wir sind doch gerade erst gekommen?“ kommentierte. „Aber nein, ich meinte, wir müssen zuerst ins Außenbecken, denn da ist das Wasser 29 Grad warm und hier drinnen sind es 32 Grad. Wenn wir erst im heißeren Wasser sind, ist das andere umso kälter, deswegen erst mal raus“, erklärte ich ihm meine Logik, der er nickend zustimmte. Wir gingen die Stufen hinab ins Wasser und sahen vor uns die bekannte Wand, die mich immer so sehr an ein Kühlhaus in einem Schlachterbetrieb erinnert. Transparente dicke Plastiklappen, die wie eine Gardine vor einem hängen und die man mit den Händen zur Seite schieben muss, um ins Außenbecken zu kommen. Aber dann, ja dann war es endlich soweit. 29 Grad warmes Wasser erwartete uns. Ich schmiss mich sofort hinein in das warme Nass, schwamm sogleich eine Runde und fühlte mich so wohl wie ein Fisch im Wasser – auch wenn ich eher wie ein Seehund aussah. Ich ließ mich schwerelos durch den Strudel treiben, drehte mich selbst vor Begeisterung in diesem Thermalbad zu sein vor Freude im Kreis und hörte erst auf, als ich aus Versehen in den Armen eines Mannes landete, der nicht der meine war. „Ups!“ entfuhr es mir und nach einem „Entschuldigen Sie bitte“ strengte ich meine Augen an, um Ralf wiederzufinden. Doch meine Augen sahen erst einmal etwas anderes. In der Tiefe unter mir schwamm was Braunes. Ich hatte nicht unbedingt das Bedürfnis, unterzutauchen, um genauer sehen zu können, um was es sich da handelte. Also schwamm ich weiter durch das Außenbecken, um meinen Mann zu finden. Dieser saß, völlig zufrieden mit sich und der Welt in einem Whirlpool des Außenbeckens und kochte da ein bisschen vor sich hin. Von einem 40 Grad heißen Whirlpool wieder in ein 29 Grad warmes Wasser zu steigen, würde nicht einfach für ihn werden, aber…. ich hatte ihm das ja zuvor schon mal gesagt. Er hatte auch nicht viel Zeit zum Frieren, denn aufgeregt hatte ich ihm von dem braunen Etwas auf dem Boden erzählt und das musste er sich unbedingt anschauen. Nicht, das da ein Häufchen vor sich hin dümpelte. „Das ist das Blatt von einer Eiche. Soll ich tauchen und es dir rauf holen, damit du es besser sehen und dich überzeugen kannst?“ fragte mich der rettende Ralf. „Ach nöö, ich glaube dir ja.“ Seit ich vergangenen Winter mal voller Begeisterung (und ohne meine Brille) einen Tannenzapfen aus dem Gras aufheben wollte und erst beim Zugreifen bemerkte, dass es sich um eine Hinterlassenschaft eines Hundes handelte, bin ich ein wenig vorsichtiger geworden, was braune Sachen im Gras oder Wasser angeht.

Nach einer Stunde im Außenbecken wurde es Zeit nach innen zu gehen, um dort alles Wassertastisches zu erkunden. Blöderweise kann man nicht vom Außenbecken schwimmend das Innenbecken erreichen. Man muss aus dem Wasser aussteigen, ein paar Schritte gehen und erreicht erst so das Innenbecken mit seinen warmen 32 Grad. „Guck mal Schantalle, da ist auch ’ne Schwangere!“ rief aus einem Whirlpool des Innenbereiches eine Frau ihrer Tochter zu und zeigte mit ihrem Finger auf mich. Schnell zog ich den Bauch ein, übersprang die nötigen Stufen und ließ mich wie eine Kegelrobbe ins Wasser gleiten. Die Wärme des Salzwassers war einfach nur herrlich schön. Ich ließ heißes Wasser – aus einem riesengroßen Wasserhahn – auf meinen Nacken und die Schultern prasseln, freute mich über massierende Wasserstrahlen, die meinen Lendenbereich durchkneteten und genoss es, dass die Schmerzen, die mich plagten, weniger wurden.

In diesem Bad gab es eine unsichtbare Zeitschaltuhr für alles, was wirbelte, massierte und knetete. Wenn der riesengroße Wasserhahn kein Wasser mehr spuckte, ging dafür die Blubberei im Whirlpool wieder los. Wenn diese endete, konnte man sicher sein, dass die Düsen am Beckenrand wieder sprudelten. Und dann gab es ja noch die vier Massageplätze in der Mitte des Bades. Vier kochtopfgroße Flächen waren in der Tiefe angebracht. Wenn man sich darauf stellte, konnte man sich die Füße massieren lassen. Ein Traum. Minuten bevor die Fußmassage los gehen sollte, standen Ralf und ich auf der „Cerankochfläche“. Dann gesellte sich ein grauhaariger Mann zu uns. Zu seiner Frau sagte er, dass hier gleich vermutlich etwas Tolles passieren würde. Nach ein paar Minuten fragte er uns, ob hier überhaupt noch was passieren würde und nach weiteren Minuten kam eine uns allen fremde Frau zu uns und fragte, warum wir hier zu viert in der Mitte stehen würden? „Wir spielen Skat“, wollte ich antworten, blieb dann aber bei der seriösen Wahrheit. „Oh toll!“ rief sie, nachdem ich es ihr erklärt hatte. Begeistert klatschte sie in die Hände und stellte sich zu uns. Es gab aber nur vier Plätze und nun waren wir fünf. „Ich merk‘ ja gar nichts“, sagte schließlich die fünfte Frau. „Sie stehen ja auch auf der Lampe“, antwortete der grauhaarige Mann nüchtern. Tatsächlich hatte sie sich irrtümlicherweise auf eine der vielen Lämpchen gestellt, die dieses Bad abends von unten beleuchteten. Die Fußmassage war der Hit. Es zwiebelte am Anfang ein bisschen, aber später fühlte ich mich wegen des aufbrausenden Wassers unter meinen Fußsohlen wie eine Superwoman, die gleich abhebt, um die Stadt zu retten.

Nach zweieinhalb Stunden des Schwimmens, sich Durchknetens und massieren lassen verabschiedeten wir uns vom warmen Thermalbadwasser und gingen Richtung Dusche. Alleine stand ich in der Frauendusche, als mir plötzlich und völlig unerwartet jemand auf die Schulter klopfte. Ich schrie wie am Spieß. Kommt ja nicht so oft vor, dass man in der Dusche stehend angeklopft wird. Es war allerdings harmloser Natur. Eine Frau sagte mir, sie habe ihr Duschgel vergessen, ob ich ihr meines leihen könne? Immer noch leicht zitternd reichte ich ihr die flutschige Flasche, deren Inhalt sich nun auf dem Duschboden verteilte. „So viel wollte ich gar nicht“, scherzte sie und ich rang mir ein albernes Lächeln ab. Puh. Eben noch total entspannt und nun zitternd wie ein kleines Häschen, das den Fuchs kennengelernt hat, ging ich zu dem Schrank, in dem unsere Kleidung lagerte. Dann wieder mit Ralf in der zu engen Kabine. In der Nachbarkabine pupste jemand. Nicht leise, sondern richtig laut. Ein Knatterpups, der einfach nicht enden wollte. Wir lächelten milde und hielten uns die Nasen zu. Das sich wieder anziehen nach einem Schwimmbadbesuch finde ich ja eh schon immer sehr anstrengend. Die Kleidung will nie so wie ich ich. Nun aber, mit dem Pupsverursacher aus der Nebenkabine, versuchte ich mich noch schneller als sonst anzuziehen. Im Ergebnis war das so, dass meine geringelte, in Brauntönen gehaltene Strumpfhose an meinen Beinen aussah, als wäre eine Raupe oder gar ein Regenwurm qualvoll verendet. Völlig schief hingen die Streifen. So muss mein Blinddarm ausgesehen haben, als er aus mir heraus operiert wurde. Völlig verdreht.

Schnell verließen wir die Kabine und begaben uns zu den Haartrocknern. Diese waren allerdings von der Power her in etwa so, als würde man sich mit einem Fächer Luft zufächeln. Zudem musste man den Knopf gedrückt halten, denn sonst blies da nichts. Ich habe unglaublich dichtes, naturrotes Haar und sehe ohne Geföhne aus wie Alf oder ein Löwe. Also blieb mir nichts übrig, als mir den Spartrockner an den Kopf zu halten und mich zu freuen, dass wir drei Stunden Aufenthalt gebucht hatten. Dann fiel mir meine Mütze wieder ein, die mir die liebe Dorte mal gestrickt hatte und die seit je her immer in meiner Tasche Platz hat. Föhnknopf losgelassen, Mütze auf und gut war’s. Auf dem Heimweg im Auto war ich so müde, dass ich sofort hätte einschlafen können. Herrlich entspannt und so viel erlebt. Alles in einem war es wie ein kleiner Kurzurlaub. Man sollte viel öfter mal „thermen“.

Habt alle eine gute Zeit!

Herzliche Grüße

Steph ❤

Ein Kommentar zu „Blubbernde Blasen

  1. Herrlich! Sollte ich wieder einmal im Thermalbad hier in Erding entspannen, weiß ich jetzt schon, dass ich ziemlich merkwürdige Blicke ernten werde. 🙄
    Sind bestimmt nicht viele, die mit einem Dauergrinsen im Gesicht baden gehen. Klar, denken ja auch nicht viele an Superwoman und plantschende Kegelrobben in Bayern. 😆

    Liebe Grüße,
    Werner

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