
Vielleicht drehe ich gerade durch. Vielleicht ist aber auch alles ganz normal? Lest selbst und bildet euch eine Meinung. 😉
Ich wollte zu Bett gehen und habe mir in der Küche noch schnell eine Wärmflasche mit heißem Wasser gefüllt. Nicht weil mir kalt war, sondern weil ich gerade ein wenig Schmerzen habe. Mein Physiotherapeut hat seine Praxis wegen des Coronavirus gerade geschlossen und zu einem anderen mag ich nicht gehen. Macht auch nichts. Gibt Schlimmeres. Meine Wärmflasche heißt Herr Schmidt. Sie ist nämlich ein Teddybär, in dessen Bauch man die wärmende Flasche stecken kann. Ein Geschenk meiner Mutter, weil ich mich mal an einer zu heißen Wärmflasche so sehr verbrüht habe, dass Narben mein rechtes Bein zieren. Eine andere Wärmflasche hat mir mal eine liebe ehemalige Arbeitskollegin geschenkt. Die hat keinen Namen. Also die Wärmflasche. Aber sie hat eine flauschige Hülle und diese verdeckt den Verschluß, sodass da wirklich gar nichts auslaufen kann. Ich füllt den Bauch von Herrn Schmidt, nahm das Schmerzmittel, welches meine Ärztin mir verschrieben hat und ging zu Bett. Noch schnell eine „Drei Fragezeichen“-CD ins Abspielgerät geschoben, die Regenbogenlampe angeknipst und dem lieben Gott um Gesundheit aller meiner Lieben gebeten, wollte ich mich gerade einkuscheln, als das Einhorn mit mir sprach. Das hat es zuvor noch nie getan und ich erschrak deswegen ein bißchen.
Das Einhorn heißt Horni. Es ist so groß (oder klein) wie meine Hand und liegt stets neben meinem Kopfkissen. Sein Körper ist weiß, seine Hufen samtig weich und seine dünne Mähne ist rosa. Ich mag rosa nicht so gerne, aber an Horni liebe ich einfach alles. Es hat sogar ein eigenes kleines Kopfkissen. Eigentlich handelt es sich dabei um ein Lavendelkissen, welches mir eine sehr liebe Freundin mal in schweren Zeiten schenkte. „Damit du besser ein- und durchschlafen kannst“, schrieb sie damals. Sie hat sogar einen schönen Spruch drauf drucken lassen. Mit so viel Liebe gesegnet könnte man meinen, dass ich allerbestens einschlafen konnte, aber an diesem Tage eben nicht, denn Horni war maulig. „Seit Tagen liege ich hier schon auf dem Rücken, dabei würde ich auch mal gerne einen Perspektivwechsel haben“, motzte es. Während ich es völlig verdutzt anstarrte, polterte es weiter und sagte, dass es auch mal auf der Seite liegen wolle. Seine Mähne sei Ewigkeiten nicht gekämmt worden und außerdem habe es Fusseln am Bauch. Ich war so baff, dass ich nicht mal Ralf zu mir rufen konnte. Der saß noch im Wohnzimmer und schaute eine Serie. War das Schmerzmittel doch zu stark? Tatsächlich sah ich schwarze Fussel auf dem weißen Fell und zupfte diese heraus. Das war allerdings keine gute Idee, denn Horni entpuppte sich als äußerst kitzelig in der Bauchgegend. Es jauchzte, lachte und bat mich innigst, damit aufzuhören, was ich natürlich sofort tat. „Tja, dann musst du in die Waschmaschine“ sagte ich. „Morgen früh geht’s los“. Beim Einschlafen musste ich dann daran denken, wie ich mit Ralf das erste Mal in der Waschstraße war…
Als ich Kind war, fuhr meine Mutter mal mit unserem grünen VW Käfer in die Waschanlage. Ich durfte für diesen Moment ausnahmsweise vorne sitzen. Ein gehäkeltes Schildkrötenkissen meiner Großtante diente mir als Sitzerhöhung, damit ich wirklich alles mitbekam. Leider war das ein einmaliges Erlebnis und ich erinnere mich nicht mehr all zu genau daran. Vielleicht war ich deswegen so aufgeregt, als ich mit Ralf in die Waschstraße fuhr. Dieses mal saß ich erlaubterweise auf dem Fahrersitz, denn meinen Führerschein besaß ich schon ein paar Jahre. Es mag merkwürdig erscheinen, aber ich war da wirklich erst das zweite Mal in einer solchen Anlage. Meine Autos hatte ich sonst immer mit einem Kärcher abgesprüht. Wir fuhren in die Garage hinein und ich fand es erst ein bißchen merkwürdig, die Kontrolle abzugeben und auf Schienen gefahren zu werden. „Wann geht’s los, wann geht’s los?“ fragte ich Ralf hibbelig. Dieser strich mir über die Nase und sagte: „Ruhig, Brauner“, als wäre ich ein Pony. Zuerst kamen die Bürsten. Sie sahen aus wie riesengroße Wuschel und tanzten um unser Auto herum. Immer wieder drehte ich mich zu Ralf, um zu sehen, ob er das auch so toll fand wie ich. Er gähnte. Das war ein Fehler, denn irgendwie setzte mein Verstand aus, als ich plötzlich den Schaum sah. „Woooow, grün leuchtender Schaum, wie toll!“ quiekte ich aufgeregt und löste mit einem Klick die elektrische „Fensterrunterfahrfunktion“ aus. „Was machst du denn?“ rief Ralf und griff sich mit beiden Händen in die Haare. „Ich wollte den Schaum besser sehen“, jammerte ich handlungsunfähig. Ralf schmiss sich über mich und klickte den „Fensterhochfahrknopf“, bevor der Leuchtschaum das Innerste unseres Vehikels erreichte. Puh, dass war nochmal gut gegangen. Dann kamen die Gummilappen. Es quietschte, als würde man einen Strauß Tulpen für die Vase zurechtschneiden. Herrlich schön. Das hätte ich noch stundenlang so haben können, aber schon wurde unser Wagen automatisch weitergeschoben und geföhnt. Dazu wurde eine Schranke vor die Windschutzscheibe gefahren. Ich habe keine Ahnung, warum ich mich duckte und immer kleiner auf dem Sitz wurde. Die Schranke pustete heiße Luft durch ihre Düsen und trocknete das Auto ab. Ich war so dermaßen fasziniert, dass ich keine Worte fand. Ein kleiner Ruck und wir wurden aus der Waschstraßengarage geschoben.
Während ich mich benahm wie ein Kind, das zuviel Zucker inne hat, sah Ralf immer noch ein wenig verstört aus. Das konnte man an seinen weit aufgerissenen Augen sehen. Ich weiß nicht, was der Mann dachte, der uns nach dieser lustigen Fahrt in Empfang nahm, um hier und da noch mal nachzubohnern. In der Verstörtheitsskala lag er jedenfalls dicht an Ralf.
Aber wir waren ja eigentlich bei Horni. Das musste mal gewaschen werden. „Und wenn es Angst hat vor der Waschmaschine?“ fragte ich Ralf. Schließlich hatte es am Vortag zu mir gesprochen und ich wollte mir von dem sonst goldigen Schmusetier bestimmt keine Standpauke nach seiner nassen und schaumigen Wäsche anhören. Zum Glück musste ich Ralf nicht viel erklären. „Wir packen einfach die anderen Kuscheltiere auch mit rein und erzählen allen, dass sie eine Fahrt in der Achterbahn unternehmen“, sagte er pragmatisch und pflückte Mutter Hase (die eigentlich ein Schaf ist), Schildi Schildkröte, Ernie und alle anderen von ihren Stammplätzen. „Heut‘ fahren wir in den Hansapark“ (Freizeitpark) rief er gut gelaunt und setzte die ganze Crew in die Trommel. Er bastelte schnell noch ein paar Eintrittskarten, die er an die Plüschtierherde verteilte und ich tat so, als sei ich die Kontrolleuerin, die die Karten wieder einsammelte. Wir wollten ja keine Papierfetzen im Flusensieb. Noch ein wenig Waschmittel, ein paar Knöpfe gedrückt und schon ging sie los, die wilde Fahrt. Nach einer halben Stunde spielte die Maschine ihre „Ich bin fertig“-Melodie und wir holten die Fahrgäste aus dem Karussell heraus. Weil die Sonne so schön schien, legten wir sie nach draußen auf den Balkon und bestaunten ihre leuchtenden Farben.
„Und wenn jetzt die Möwe kommt und mir meinen Ernie klaut?“ Die Möwe kommt nämlich tatsächlich jeden Tag und frisst im Winter/Frühling das Vogelfutter auf dem Balkontisch. Ich sah meinen geliebten Ernie schon durch die Lüfte fliegen. Aber auch da hatte Ralf eine gute Idee. Er spannte einen Sonnenschirm über die duftende Plüschmeute, sodass sie von der Möwe geschützt ihr Sonnenbad genießen konnten. Für die Nachbarn schien es vielleicht ein bissi komisch, dass wir Anfang April bei sehr wechselhaftem Wetter mit Hagel, Sonnenschein und Sturmböen einen knallbunten Sonnenschirm aufgespannt hatten, aber was kümmert es uns? Hauptsache den Tieren geht es gut. Und nicht nur denen. „Wollen wir, wenn wieder ein bisschen Normalität einkehrt, mal wieder in die Waschanlage fahren?“ fragte Ralf mich und machte mich damit sehr, sehr glücklich.
Habt alle eine gute Zeit mit viel Sonnenschein, wenig Sorgen und bleibt gesund.
Herzliche Grüße
Steph
Ach du meine Güte! Achterbahnfahren für Deine Tiere! Mönsch haben die ein tolles Leben! Im Dezember solltest Du Herrn Schröder einmal dazu einladen. Vielleicht mag er das ja auch? Ich bin gespannt!
Liebe Grüße,
Werner, der Achterbahnfahren immer sehr geliebt hat! 🙂
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Das ist eine supertolle Idee lieber Werner. Herr Schröder ist zudem ja auch absolut schwindelfrei. Durch die Schaukelei auf dem Rücken des Seeadlers macht ihm eine Runde in der Waschmaschine bestimmt viel Spaß. 😄 Liebste Grüße 🙋 Steph
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